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Globalgeschichten

Bestandsaufnahme und Perspektiven, Globalgeschichte 17

Erschienen am 06.11.2014, 1. Auflage 2014
39,90 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593501710
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S.
Format (T/L/B): 2 x 21.4 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

San Francisco 1906: Ein verheerendes Erdbeben, ein geografisch auf Kalifornien begrenztes Ereignis, löste finanzielle Schockwellen aus, die sehr schnell auch Europa erreichten. Denn für die Schäden mussten Versicherungen in der ganzen Welt aufkommen. Anhand solcher Fallbeispiele verfolgt dieses Buch den methodisch und inhaltlich innovativen Ansatz, das Postulat einer globalen Geschichtsschreibung praktisch umzusetzen. So ergibt sich eine präzisere Sichtweise als bisher auf Prozesse der Globalisierung seit dem 18. Jahrhundert.

Autorenportrait

Boris Barth (1961-2023) lehrte an der Jacobs University Bremen, an der Universität Konstanz und zuletzt am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Karlsuniversität Prag. Stefanie Gänger ist Professorin für Neuere Geschichte an der Universität Heidelberg. Niels P. Petersson ist Professor für Geschichte an der Sheffield Hallam University in Großbritannien.

Leseprobe

Einleitung: Globalisierung und Globalgeschichte Boris Barth/Stefanie Gänger/Niels P. Petersson Das Paradigma der Globalisierung hat sich auf sehr vielen Ebenen in der veröffentlichten Meinung durchgesetzt und bestimmt auch wesentliche Aspekte der historischen Forschung. Das Globale ist in aller Munde, es ist geradezu omnipräsent, aber häufig unbestimmt. Als historische Kategorie wirft es manchmal mehr Fragen auf, als es löst. Deshalb besteht bei vielen Historikern, vor allem aus den Area Studies, ein nicht immer offen artiku-liertes, aber dennoch erkennbares Unbehagen an der "Globalisierung" und an der "Globalgeschichte". Gelegentlich wird sie als eine Art von "Totalgeschichte" aufgefasst, die einen Anspruch erhebt, der nicht einlösbar ist. Weil der Gegenstandsbereich der Globalgeschichte ökonomische, kulturelle und geistesgeschichtliche ebenso wie institutionengeschichtliche Aspekte umfasst, wird das Feld häufig als undifferenziert, als wenig definiert wahrgenommen. Zugleich aber hat sich Globalgeschichte inzwischen auch jenseits der theoretischen Postulate berufsmäßiger Innovateure als ein For-schungsfeld etabliert, auf dem wichtige Erkenntnisse über die globale Ein-bettung und zuweilen Bedingtheit des oft nur scheinbar Lokalen und Nati-onalen gewonnen worden sind. Ferner haben Historikerinnen und Historiker auch außerhalb des Feldes der Globalgeschichte im engeren Sinne eine Aufmerksamkeitshaltung für transnationale und globale Kontexte entwi-ckelt, in diesem Sinne Fragestellungen neu zugeschnitten und bisherige Einsichten zum Teil revidiert. Die Konstanzer Forschungsstelle "Globale Prozesse" beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie globale Geschichte inhaltlich und methodisch geschrieben werden kann oder sollte. Die Autoren dieses Bandes stehen in einem lockeren, aber kontinuierlichen Diskussionsprozess, der im Umkreis dieser Forschungsstelle stattfindet und aus dem heraus der vorliegende Band entstanden ist. Die Autoren diskutieren vor dem Hintergrund ihres jeweiligen Forschungsbereichs, ob und in welcher Weise sich theoretische Konzepte von Globalgeschichte nutzbar machen lassen. Anhand von ausgewählten Beispielen wird der Frage nachgegangen, ob die Anwendung der Kategorie des Globalen oder der Globalisierung sinnvoll ist oder nicht, bzw. ob bisher ungenutzte Möglichkeiten bestehen, globale Ansätze anzuwenden. Die Herausgeber haben die Autoren ferner ausdrücklich gebeten, im jeweiligen Einzelfall auch die Frage zu diskutieren, in welchen Fällen sich ein globaler Ansatz nicht sinnvoll verwenden lässt und andere Kategorien notwendig sind bzw. größeren Ertrag versprechen. Die Kohärenz dieses Bandes ergibt sich aus dem methodischen Interesse, an ganz konkreten Fallbeispielen Möglichkeiten und Grenzen global- und globalisierungsgeschichtlicher Forschung aufzuzeigen. Konsequenterweise gehen die einzelnen Autoren das Problem sehr unterschiedlich an, behandeln geografisch, inhaltlich und zeitlich weit auseinander liegende Gegenstandsbereiche und gehen von verschiedenen theoretischen Debatten und Postulaten aus. Wie die Beiträge im Einzelnen zeigen, ist es in einigen Fällen sehr einfach, diesen Fragen nachzugehen, in anderen Fällen ergibt sich eine Vielzahl von Schwierigkeiten. Das ist eines der Ergebnisse der Konstanzer Diskussionsprozesse, und dieses Spannungsverhältnis lässt sich auch als eine Quelle weiterer Inspirationen nutzbar machen. Die folgenden Beiträge wählen vor allem zwei unterschiedliche Zugänge zur historischen Erforschung globaler Phänomene. Einige sind an der Geschichte der Globalisierung interessiert, andere streben dezidiert eine Global- und keine Globalisierungsgeschichte an. Globalisierung ist ein Begriff, der auf Verflechtungen und die Verdichtung von Verflechtungen verweist, die zumindest mehrere Kontinente erfassen. Allerdings erscheint es notwendig, auch diese Begriffe weiter zu präzisieren. Zielt etwa der Terminus "Verflechtung" darauf ab, dass Interaktion innerhalb von "Net-zen" ohne genau bestimmbare Zentren zunahm? Oder ist gemeint, dass Verflechtung von globalen Zentren ausging, Peripherien stärker als zuvor eingebunden und kontrolliert wurden? Globalisierung ist, wie mehrere Beiträge in diesem Band demonstrieren, oftmals das Ergebnis imperialer Expansion. Doch selbst dort, wo Imperien die Infrastruktur und Instituti-onen bereitstellten, durch die sich zum Beispiel Waren und Ideen verbreiteten, war die private Initiative von Unternehmern, Abenteurern, Migranten, Gelehrten und anderen eine notwendige Bedingung für dauerhafte Verflechtung. Damit einher ging eine größere Vielfalt von Interessen und Zielsetzungen, als die mancherorts beliebte Gleichsetzung von Globalisierungsphänomenen mit den Interessen des britischen Weltreichs, der USA oder "des Kapitals" nahelegt. Die Beiträge in diesem Band liefern Beispiele für kontingente, von Geschäftsinteressen, intellektueller Neugier oder dem Unterhaltungsbedürfnis des Publikums bestimmte Formen des Transfers kultureller Formen (Osterhammel, Rempe, Trakulhun). Zugleich wird deutlich, dass auch unter solchen Bedingungen Machtverhältnisse und Ungleichheiten in globalen Strukturen und Prozessen aus den Quellen rekonstruierbar sind. Mit Globalisierung ging die weltweite Diffusion bestimmter besonders exportfähiger Waren, Institutionen und Kulturelemente einher. Die Beiträge in diesem Band zeigen, wie diese in manchen Fällen unverändert in einen neuen Kontext übernommen, bisweilen lokal adaptiert wurden oder wie sich Hybridformen bildeten. Die hier diskutierten Beispiele zunehmender weltweiter Verflechtung oder Vernetzung bedeuteten keineswegs immer auch Vereinheitlichung. Das Gegenteil war häufig der Fall. Die Verdichtung von Kontakten ging einerseits oft einher mit einer wachsenden und oft hoch dynamischen Diversifizierung bzw. mit der Entstehung eigenständiger Hybridformen; die Vielfalt der Phänomene nahm oft eher zu als ab. Musik, Sprache, Sport, Religion sind Beispiele, an denen hier das Wechselspiel von Transfer und Aneignung untersucht wird. Andererseits finden sich auch Belege für die Idee einer Dialektik von Globalisierung und Fragmentierung, die Ian Clark am Beispiel der globalen Ausbreitung des Ordnungsmodells des Nationalstaates entwickelt hat: Fragmentierende Strukturen haben sich über den Globus verbreitet und so zugleich zu einer gewissen Homogenisierung geführt. In ähnlichem Sinne kann die von Jansen beschriebene "Entmischung" im Mittelmeerraum interpretiert werden. Diese Fragen legen es nahe, von Globalisierungen bzw. unterschiedlichen Typen von Globalisierung zu sprechen. Daraus ergibt sich wiederum die Frage, ob solche Typen in klar abgrenzbaren Perioden aufeinander folgen, wie etwa A. G. Hopkins und C. A. Bayly argumentiert haben, oder ob in verschiedenen Bereichen der sozialen Wirklichkeit verschiedene Modelle koexistierten. Der Globalisierungsbegriff erscheint in manchen Kontexten wie dem der Arbeitswelt, der Warenketten und des internationalen Handels angemessen, weil er für den Gegenstand zentrale Phänomene thematisiert (vgl. die Beiträge von Petersson, Grewe, Dejung, Gänger). In anderen Kontexten erscheinen Einschränkungen angebracht, weil zwar weitreichende, aber doch geografisch umgrenzte Verflechtungen im Mittelpunkt stehen (Barth, Rempe), die nicht notwendigerweise "global" sind, sondern besser mit anderen Kategorien erfasst werden. Anders als die Geschichte der Globalisierung ist die Globalgeschichte häufig nicht primär an der Analyse von Verflechtungen interessiert. Martin Rempe skizziert in diesem Band eine Global-, nicht eine Globalisierungsgeschichte der Musik im 20. Jahrhundert. Hervorgehoben wird, dass sich musikalische Entwicklung und musikalischer Austausch in kleinräumigeren, deutlich umgrenzten geografischen Kontexten vollzogen. So verstanden, steht die Globalgeschichte vor der Aufgabe, zu bestimmen, wonach sie konkret fragt - wo Globalisierungsgeschichte per definitionem ihren Kern in der Rekonstruktion von Verflechtu...

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