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Biopolitik und Sittlichkeitsreform

Kampagnen gegen Alkohol, Drogen und Prostitution 1880-1950, Globalgeschichte 18

Erschienen am 02.10.2014, 1. Auflage 2014
45,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593501659
Sprache: Deutsch
Umfang: 385 S., div. Abbildungen
Format (T/L/B): 2.3 x 21.2 x 13.9 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Unter dem Banner von Sittlichkeit und öffentlicher Gesundheit wurden zwischen 1870 und 1940 das 'Intime' und das 'Private' zum Gegenstand breiter gesellschaftlicher Reformbewegungen. Der Band zeigt, wie sich in diesen Jahrzehnten ein intensives globales Engagement gegen Alkohol, Drogen, Geschlechtskrankheiten und sexuelle Devianz entfaltete. Die Motive der Sittlichkeitsreformer und ihre organisatorische Infrastruktur werfen ein neues Licht auf globale Vernetzungsprozesse, auf die Muster kolonialer Herrschaft und die Expansion des 'Moral Empire'.

Autorenportrait

Judith Große und Francesco Spöring sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der ETH Zürich. Jana Tschurenev ist Forschungsstipendiatin am Center for Modern Indian Studies an der Universität Göttingen.

Leseprobe

Do Everything!, hieß die Losung, die Frances Willard (1839-1898), die langjährige und einflussreiche Präsidentin der US-amerikanischen Woman?s Christian Temperance Union (WCTU), im Oktober 1893 ausgab. In ihrer Auftaktrede zur zweiten Konferenz des internationalen Dachverbandes, der World?s Woman?s Christian Temperance Union (WWCTU) in Chicago, erklärte sie ihren Genossinnen: "that every question of practical philanthropy or reform has its temperance aspect, and with that we are to deal." Zu den Beschlüssen der Versammlung gehörte es nicht nur, das Banner der völligen Enthaltung von alkoholischen und narkotischen Giften hochzuhalten und die Prohibition dieser "twin curses of Eastern and Western civilizations" als grundlegendes Prinzip jeder rechtmäßigen Regierung zu fordern. Die Delegierten, die sich als Vertretung der christlichen Frauen der Welt begriffen, bekräftigten schließlich ihre Überzeugung "that the recognition of woman?s equal right and the according to her of equal power in government, is the most effectual means to promote the growth and success of all moral reforms." Die USamerikanische WCTU war 1873 aus dem "Frauenkreuzzug" gegen den Alkohol hervorgegangen und hatte sich bald zu einer landesweiten Organisation der umfassenden "moral reform" (Sittlichkeitsreform) und einer der Haupttriebkräfte der Frauenstimmrechtsbewegung entwickelt. Ihr "antivice activism" richtete sich einerseits gegen jeglichen Gebrauch von Rauschmitteln, auch den medizinischen, andererseits gegen moralische "Unreinheit" ("impurity"), d.h. Prostitution, normabweichendes Sexualverhalten und "obszöne" Druckerzeugnisse. Aber auch der Tabakgenuss, das Glückspiel und die Vernachlässigung der christlichen Sonntagsheiligung waren den Reformerinnen ein Dorn im Auge. Die WCTU kann damit in die Tradition der organisierten protestantischen Sittlichkeitsreform gestellt werden, die im späten 18. Jahrhundert mit Gesellschaften wie der britischen Society for the Suppression of Vice ihren Ausgang genommen hatte und, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, sich im späten 19. Jahrhundert zu einem Phänomen globaler Reichweite entwickelte. Der vorliegende Band geht der Frage nach, wie sich insbesondere seit den 1880er Jahren in verschiedensten Ländern und Weltregionen ein intensives Engagement gegen Alkohol und Narkotika sowie gegen Prostitution, Geschlechtskrankheiten und als widernatürlich bzw. unmoralisch eingestufte Sexualpraktiken entfaltete. Damit soll er einerseits Forschungen zu transnationalen sittlichkeitsreformerischen, gesundheits- und bevölkerungspolitischen Kampagnen im deutschsprachigen Feld der Globalgeschichtsschreibung stärker sichtbar machen. Andererseits bringt er neue Forschungen zu zwei Themenkomplexen - der Regulierung bewusstseinsverändernder Substanzen und Sexualpolitik - zusammen, die bisher noch kaum in Verbindung gesetzt wurden. Er geht den Schnittmengen und Gemeinsamkeiten von verschiedensten Kampagnen gegen "Unsittlichkeit" nach, die in einem breiten und vielfältigen Reformdiskurs um generative Reproduktion, nationale Effizienz und gesellschaftlichen Fortschritt eng miteinander verknüpft waren. Anhand des gemeinsamen Rahmens von Sittlichkeitsreform und biopolitischer Regulierung möchten wir somit eine Deutung des "antivice activism" um die Wende zum 20. Jahrhundert als globales Phänomen vorlegen. Dieses entfaltete sich sowohl im Zusammenhang mit transnationalen zivilgesellschaftlichen Vernetzungsprozessen als auch im Kontext imperialer Globalisierung. Obgleich die politische Reglementierung von Rauschmitteln und Prostitution eine lange Vorgeschichte hat, vollzogen sich - so unsere Ausgangsthese - ab den 1880er Jahren, und noch einmal intensiviert in der Zwischenkriegszeit, einige entscheidende Veränderungen im Bereich der Sittlichkeitsreform, die noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein wirkten. Vor allem kam der Kontrolle von Alkohol und Drogen sowie der Regulierung von generativer Reproduktion und

Schlagzeile

Globalgeschichte

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