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Von Revolution zu Befreiung

Studentenbewegung, Antiimperialismus und Terrorismus in Japan (1968-1975), Globalgeschichte 22

Erschienen am 12.05.2016, 1. Auflage 2016
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593505312
Sprache: Deutsch
Umfang: 365 S., 6 Fotos
Format (T/L/B): 2.5 x 21.3 x 14 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Globalgeschichte Herausgegeben von Sebastian Conrad, Andreas Eckert und Margrit Pernau Anlässlich des 40. Jahrestags von '1968' kam es 2008 in Deutschland zu einem Boom der öffentlichen Verarbeitung der Studentenbewegung. In Japan hingegen blieb die Erinnerung an die damaligen Ereignisse peripher. Dieses Buch erzählt erstmals überhaupt die Geschichte der politischen Theorie und Praxis der japanischen studentischen Neuen Linken in den unmittelbaren Jahren nach dem Ende der Studentenbewegung. Es gewährt Einblicke in einen globalen ideengeschichtlichen Bruch mit dem revolutionären Subjekt der kommunistischen und marxistischen Moderne hin zu der Beschäftigung mit sozialen und ethnischen Minderheiten, deren vermeintliche Befreiung in Japan zu terroristischer Praxis führte.

Autorenportrait

Till Knaudt, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Japanologie der Universität Heidelberg.

Leseprobe

1. Einleitung Im Sommer 2012 wurde ein Video aufgenommen und auf der Internetplattform YouTube online gestellt. Irgendwo im Zentrum von T?ky? unterhält sich ein Mann, der das Gespräch mit seiner Videokamera aufnimmt, mit einem weitaus älteren Mann, der einen Demonstrationsstand für die Abschaffung von Kernenergie in Japan bewacht. Mitten im Gespräch stolpert, aus Zufall, eine Gruppe von Übersetzern mit Bärbel Höhn, der Bundestagsabgeordneten der Partei "Die Grünen", ins Bild. Ein Übersetzer stellt Höhn einen der älteren Aktivisten mit den Worten vor "This ojiisan [Opa] is very famous! Japanese Red Army!", worauf hin die sichtlich überraschte Frau Höhn mit "Aha. O.K.?!" antwortet. Die darauf folgende Frage von Höhn ". and you are a friend of Baader-Meinhof?" wird beantwortet mit "Naja, wir hatten schon einigen Austausch mit denen.". Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellt der "Opa", der ehemalige Anführer der "Ky?sanshugisha d?mei - Sekigunha" (Bund der Kommunisten - Rote Armee Faktion) Shiomi Takaya (geboren 1941), fest, er habe gehört, dass einige von den deutschen Genossen, mit denen er zu tun gehabt habe, bei den Grünen eingetreten seien. Sich so zu integrieren sei den Aktivisten in Japan nicht gelungen. Richtig, bestätigt Frau Höhn, auch Daniel Cohn-Bendit sei bei den Grünen. Auf weitere Theoriediskussionen mit Shiomi über die "Black Panther Party" lässt sich die Bundestagsabgeordnete jedoch nicht ein. Nach dem Austausch von weiteren Höflichkeiten und einem Erinnerungsfoto stellt Shiomi zum Schluss fest: "Das ist wirklich gut, dass die vorbeigekommen sind". Die Szene zwischen Bärbel Höhn und Shiomi Takaya spiegelt sehr anschaulich den Erinnerungshorizont zu "1968" in Deutschland und Japan wider. Während in Deutschland 2008 anlässlich der vierzigsten Jährung von "1968" ein Boom der öffentlichen und der akademischen Verarbeitung der Studentenbewegung stattfand, und gleichzeitig die Aufarbeitung des "linken Terrorismus", der "Roten Armee Fraktion" und anderer Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren in einem zunehmend transnationalen Kontext unternommen wurde, blieb die Erinnerung an die japanische Studentenbewegung in Europa peripher. So ist es für die Bundestagsabgeordnete möglich, entspannt ein Erinnerungsfoto vom "Opa von der Roten Armee Faktion" in Japan aufzunehmen, der immerhin der Vorsitzende einer extrem militanten Gruppe gewesen war, die sich - wie die RAF - dem "bewaffneten Kampf" verpflichtet gefühlt hatte. Auf der anderen Seite zeigt die Szene auch einen Ausschnitt aus dem Erinnerungshorizont ehemaliger japanischer Aktivisten. Der Feststellung von Shiomi, dass die Aktivisten von 1968 sich nicht in einer linken Partei, wie den Grünen in der Bundesrepublik, hätten etablieren können und deshalb gesellschaftlich isoliert geblieben seien, ist ein Topos in der japanischen Linken, der den gesellschaftspolitischen "Erfolg" von "1968" in Europa und den Vereinigten Staaten mit der "Niederlage" in Japan kontrastiert. Dabei war die japanische Studentenbewegung in Bezug auf ihre unmittelbar gesellschaftliche Wirkung mit der im Westen vergleichbar, oder, besser gesagt, sie war ein Teil der globalen Studentenbewegung. Von ihren Mobilisierungsmöglichkeiten war sie der in der Bundesrepublik überlegen, in ihrer Länge ausdauernder. Zwischen 1965 und 1970 demonstrierten Studenten an knapp der Hälfte aller japanischen Universitäten zusammen mit über 50.000 Aktivisten (1969) der Parteifaktionen (t?ha) der japanischen Neuen Linken gegen die Diktatur in Südkorea, gegen den Vietnamkrieg, für den Abzug US-amerikanischer Soldaten aus Japan und Okinawa, oder für die Demokratisierung der Universitäten, um nur einige der Themenfelder zu nennen. Aus dieser massiven Bewegung entstanden 1969 Gruppen, die sich der Praxis des "bewaffneten Kampfs" zuwandten, ganz ähnlich wie in Europa und den Vereinigten Staaten. Dementsprechend stellt Oguma Eiji zu Beginn seiner umfangreichen mentalität

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